Interview mit Ayo Yovo über die Angst vor der Berufswahl und eine richtig gute Entscheidung.

Advertorial in Kooperation mit NUR MUT!
Interview Florian Saeling
Fotos Marcel Ristau

Es ist Donnerstag, drei Wochen bevor die Ausgabe in den Druck geht. Ganz entspannt fahren wir mit dem ICE bis Frankfurt am Main und von dortaus weiter nach Wiesbaden. Mit der Stadt haben wir uns schon im Juli angefreundet, als wir zum Impact Festival eingeladen waren. Dort kommen junge Menschen und spannende Gäste zusammen, um sich zu ermutigen und zu bestärken, unsere Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Und dort haben wir ein paar der Leute getroffen, die an einem NUR MUT! – Camp teilgenommen haben, in dem es eine Woche lang um die eigene Zukunftsgestaltung geht. Auch für Ayo kam das Camp genau zur richtigen Zeit – so viel haben wir schon vor dem Besuch über sie erfahren. Den Rest der Geschichte erzählt sie uns am besten selbst.

Wie war dein Tag heute?
Ich war heute mit meiner Seminargruppe in Frankfurt im Blindenmuseum und wir haben uns dort mal angesehen, wie es ist, blind zu sein im Alltag.

Oh, das ist eine spannende Erfahrung! Was ist das für eine Gruppe?
Das sind Leute, die auch gerade ein FSJ machen. Also ich mache gerade mein freiwilliges soziales Jahr an einem Gymnasium hier in Wiesbaden. Da habe ich selber meinen Abschluss gemacht und wurde gefragt, ob ich denn nicht Lust hätte, da zu bleiben und ein Jahr mitzuhelfen.

Und da hast du gleich Ja gesagt?
Ja, weil mein Plan ist es, danach Soziale Arbeit zu studieren und ich wollte aber erstmal auch Erfahrungen sammeln, gerade auch, weil ich weiß, dass ich in diese Richtung gehen möchte. 

Was machst du da genau?
Ich bin primär bei den Fünftklässlern, weil ich arbeite super gerne mit Kindern zusammen. Ich mache teilweise den Vertretungsunterricht, bereite Spiele vor, helfe im Unterricht immer da, wo mich jemand braucht. Ich mache auch mal Papierkram. Das ist alles ausgeglichen.

Wusstest du das schon lange, dass du mit Kindern und Jugendlichen arbeiten willst?
Ich glaub, es war immer im Hinterkopf. Als ich im Kindergarten war, wollte ich immer Kindergärtnerin werden. Irgendwann wollte ich dann Operationstechnische Assistentin werden, bin aber dann wieder zurückgekommen und sehe mich gar nicht woanders als in der sozialen Arbeit. 

Und weil du gerade den Kindergarten erwähnt hast, lass uns doch mal kurz in deine Kindheit und Schulzeit springen. Wie hast du die erlebt?
Ich bin als Kind immer aufgefallen und wollte immer auch überall dazu gehören. Weil ich wusste noch nicht ganz, wo ich hingehöre. In der vierten Klasse bin ich in eine Wohngruppe nach Limburg gezogen und nach einem Jahr wieder nach Wiesbaden, weil meine beiden kleinen Geschwister waren hier in einer Wohngruppe und dort war dann auch ein Platz für mich frei. Vor eineinhalb Jahren bin ich dann in meine eigene Wohnung gezogen. 

Also ich bin nicht zu Hause aufgewachsen. Die wichtigste Entwicklung habe ich in der Wohngruppe gemacht mit meinen Betreuerinnen und Betreuern, mit meinen Geschwistern, vor allem aber auch mit den anderen Jugendlichen. Wir waren zu acht und das prägt mich auch in dem Sinne, dass ich sage, ich möchte in die soziale Richtung, weil ich weiß, wie gut das sein kann und wie sich Kinder fühlen, die nicht zu Hause wohnen. Ich hatte gute Betreuer:innen und das will ich weitergeben.

Die Kinder und Jugendlichen dort haben bestimmt auch eine Menge Geschichten und Herausforderungen mitgebracht. Da hast du sicher viel für deinen jetzigen Weg gelernt.
Ja, dieses Miteinander, das Empathische, die Offenheit – in der Wohngruppe habe ich super viel mitbekommen und das prägt einen dann auch in dem Sinne, wie man Menschen gegenübersteht. Man ist hellhöriger und vorsichtiger im Umgang mit anderen, aber im guten Sinne.

»Dieses Miteinander, das Emphatische, die Offenheit – in der Wohngruppe habe ich super viel mitbekommen.«

Wie und wann hast du dann von NUR MUT erfahren?
Das war in der 11. Klasse, als meine Lehrerin mir diesen Flyer in die Hand gegeben hat für das NUR MUT – Camp in den Osterferien. Das hat sich alles gut angehört, vor allem, sich mal Zeit für sich und die eigenen Werte zu nehmen. 

Das war gerade die Zeit, in der ich viele offene Fragen hatte: »Soll ich das ABi abbrechen oder doch weitermachen? Wo will ich hin?« Deswegen habe ich mich angemeldet.

Dafür braucht es ja auch schon Mut, sich für so ein Camp anzumelden.
Ja, das ist halt das Ding. Man kennt die Menschen erstmal nicht und das war auch eine Sache, worüber ich nachgedacht habe: „Will ich wirklich dahin?“ Weil am Anfang ist so etwas ja doch immer sehr unangenehm, wenn man die anderen Leute noch nicht kennt. Was ist, wenn die Menschen nicht cool sind?

Das ist ja auch nicht unwichtig, wie die anderen Teilnehmenden und die Coaches drauf sind, weil mit denen verbringst du dann eine ganze Woche.
Aber das Coole ist halt wirklich: Da kommen nur Menschen hin, die Bock darauf haben, die sich öffnen, um über die Zukunft, über die eigenen Werte und Bedürfnisse zu reden. In der Regel ist das schon erstmal eine gute Voraussetzung, um eine coole Person zu sein. 

Was ging dir nach der Anmeldung durch den Kopf? Was war deine Hoffnung, was dort passiert?
Erstmal war es die Hoffnung, dass ich da Leute treffe, mit denen ich einfach auch nach dem Camp noch gerne zusammen Zeit verbringe, vor allem, weil man schon mal eine Gemeinsamkeit hat – eben diese Fragen: Was mache ich nach der Schule? Was soll ich jetzt machen? Und dann war‘s auch meine Hoffnung, dass mir das auch ein bisschen die Angst vor der Zukunft nimmt. Es ist einfach viel, was gerade passiert. Und ich hatte auch Angst, in eine bestimmte Richtung zu gehen. Weil was, wenn es dann die Falsche ist? Wenn ich mich einmal entschieden habe, dann sollte ich es am besten auch durchziehen.

Kam das von dir oder von außen?
Das kam auch schon von außen – dieser Druck sich entscheiden zu müssen und das dann erstmal zu machen. Und nur, wenn es ganz schlimm ist, dann darfst du abbrechen. Ansonsten ziehst du durch.

Denkst du, das geht vielen so?
Ja, total. Gerade, wenn man die Schule fertig hat, steht man vor der ersten größeren Wahl, was man machen will im Leben. Und dann kommen die äußeren Einflüsse dazu. Meine Lehrkraft hat mir zum Beispiel gesagt: „Du willst soziale Arbeit machen? Macht doch irgendetwas, womit du mehr Geld verdienst. Du hast doch die Qualifikation“. 

Auch deshalb wollte ich mir einfach mal die Zeit nehmen, um nachzudenken – ohne diesen Einfluss von außen.

Wie viel Zelt ist dann nach deiner Anmeldung vergangen bis zum Camp?
Ungefähr vier Wochen. Als Schülerin fühlte sich das jedenfalls sehr lang an.

Das kann ja auch eine lange Zeit sein, wenn du diese Unsicherheit aushalten musst, ob das eine gute Entscheidung ist. Was war dein erster Eindruck, als du dann im Schloss Freudenberg die anderen kennengelernt hast?
Es war erstmal komisch. Wir waren 14 Leute in dem Raum und alle haben sich in eine andere Ecke verschanzt. Eine der ersten Übungen war es dann, uns relativ lange in die Augen zu schauen. Dann war schon das Eis gebrochen und wir haben uns in Interviews kennengelernt. Nach diesem einen Tag habe ich schon schnell gemerkt: Okay, das ist eine coole Truppe – mit der kann man Spaß haben, gut reden, sich öffnen und das war dann für mich kein Problem mehr.

Worüber habt ihr gesprochen?
Wir hatten verschiedene Menschen da, die uns Dinge aus dem eigenen Leben erzählt haben, zum Beispiel jemanden, der autark und ganz nachhaltig lebt. Und dann hat jemand von Ikigai erzählt und den Fragen: Wofür stehe ich morgens überhaupt auf? Was macht mich glücklich und lässt mich gut in den Tag starten?

Was ist es bei dir?
Die Begegnung mit anderen Menschen. Ich treffe mich sehr, sehr gerne mit meinen Freunden und Freundinnen und ich gehe auch aktuell sehr gerne morgens einfach zu den Kindern in die Schule. Denen habe ich letztens erklärt, was eine rhetorische Frage ist, weil ich eine rhetorische Frage gestellt habe und plötzlich zehn Finger oben hatte.

Es sind solche kleinen Dinge, an die ich mich gerne erinnere – und das sind auch die Dinge, die mich im Endeffekt glücklich machen.

Da stelle ich gleich mal die wichtigste Frage für diese Ausgabe hinterher: Was macht dein Herz voll?
Zeit und Gespräche mit meinen Freunden und Freundinnen. Da muss ich auch gar nicht viel machen, um mich wohlzufühlen. Das macht mein Herz voll. Wir sind füreinander da und müssen dafür gar nicht viel machen. Es ist dann die fünfminütige Sprachnachricht, die ich meiner Freundin jeden Tag schicke, die oft gar keinen Sinn ergibt. Aber sie hört sich die an und antwortet darauf.

Was ist noch im Camp passiert
Wir haben uns viel damit beschäftigt, wie Berufe später aussehen könnten, die es jetzt noch gar nicht gibt. Daraufhin wurde angesprochen, dass die Welt sich gerade sehr krass wandelt. Künstliche Intelligenz, Klimawandel – das sind Dinge, die sorgen dafür, dass wir uns als Gesellschaft einfach auch sehr schnell verändern und damit auch die Berufswelt. Das ist, glaube ich, eine der großen Erkenntnisse, die mir hängen geblieben sind. Und es gab spannende Übungen, die unsere Kreativität und Ideenfindung angeregt haben.

»Wir limitieren uns sehr schnell selbst bei der Ideenfindung, weil das in der Schule viel zu kurz kommt.«

Wie denkst du jetzt nach dem Camp über das Thema von vorhin: Die Angst davor, sich für eine Berufsrichtung entscheiden und darauf festlegen zu müssen?
Die wurde mir dort genommen. Weil ich denke jetzt: Wofür auch immer man sich entscheidet, es ist nichts für das ganze Leben festgelegt. Dann merkst du vielleicht, das ist nicht deins und suchst dir etwas anderes aus. Du hast aber trotzdem eine Erfahrung gesammelt, sei es fachlich oder zwischenmenschlich oder sonst was, das man daraus mitnimmt. Man verliert dabei aber keine Zeit. 

Das ist heutzutage immer die Angst, weil alles so schnell läuft. Das nehme ich zumindest so wahr, dass man schnell das Gefühl hat, Zeit zu verlieren und sich deshalb immer richtig entscheiden will. Aber meine Herangehensweise nach NUR MUT ist jetzt: Ich gucke, was sich für mich gerade richtig anfühlt und mache das dann auch. Für mich hat es sich zum Beispiel richtig angefühlt, das FSJ zu machen. Selbst, wenn es mir jetzt nicht gefallen würde, habe ich dadurch keine Zeit verloren, weil ich dort Erfahrungen gesammelt habe.

Wie hat sich dadurch dein Blick auf die Zukunft verändert? Hast du jetzt mehr Mut, deinen Weg zu gehen?
Die Zukunft ist natürlich ein Thema, das viele junge Menschen beschäftigt. Wir haben Klimawandel. Wir haben Krieg. Wir haben die Inflation. Dabei ist es einfach wichtig, sich die Frage zu stellen: Wie schaffe ich es, trotzdem optimistisch in die Zukunft zu schauen? 

Und im Hinblick auf meinen Weg hat sich für mich der Druck gelockert, etwas jetzt erreichen zu müssen, damit ich später eine bestimmte Qualifikation habe. Ich stresse mich da nicht mehr so, weil ich optimistischer in die Zukunft schaue. Im Camp haben wir uns einfach mal die Zeit genommen, darüber nachzudenken. Man geht aber auch nicht aus dem Camp raus und weiß genau, was man möchte. Das ist nicht das Ziel, sondern eher diese Erkenntnis: Das sind meine Werte, das sind meine Fähigkeiten und solange mir das bewusst ist und ich wirklich meinen Weg gehe, kann nichts schief laufen.

Nach dem Gespräch probiert Ayo den neuen Persönlichkeitstest von NUR MUT aus. Dazu bewertet sie die 25 Aussagen auf einer Skala von 1 bis 5 – z. B. „Ich weiß, was mir am Herzen liegt“ oder auch “Ich habe Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten“. Dann erhält sie ihr Ergebnis: In fast allen Skills, die es zur mutigen Lebensgestaltung braucht, liegt Ayo im Pro-Bereich. Ihr #1-Skill: Die Perspektive. Das passt gut, denn wie wir jetzt wissen, hat sie durchaus eine Vorstellung davon, wie ihr Leben aussehen soll und das Wort „Berufswahl“ macht ihr längst keine Angst mehr. Danke Ayo für‘s Teilen deiner Geschichte!

Wo stehst du gerade im Leben?
In nur ein paar Minuten bekommst du deine persönliche Momentaufnahme: Wo stehst du gerade, wie stark fühlst du dich – und wie kannst du von hier aus weitermachen?

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Das Interview ist Teil der Mentling Ausgabe #5: Herz randvoll.
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